Nervige Fragen: So bleibe ich im Interview souverän!

Erinnern Sie sich? Ausraster bei "Illner". "Grünen-Chef Habeck brülle CSU-Staatssekretärin Bär nieder". „Eklat bei Maischberger: CDU-Politiker Wolfgang Bosbach ist so verärgert über die Aussagen von Jutta Ditfurth zum G-20-Gipfel in Hamburg, dass er das Studio verlässt.“ Gute Beispiele, wo auch Medienprofis mal die Nerven verlieren, ihre Emotionen nicht unter Kontrolle haben. Das hebt zwar die Quote, nicht aber die Souveränität des Interviewgastes. Also: Wie halte ich meine Emotionen im Griff, wenn ich meinem Gegenüber, zum Beispiel dem Journalisten eigentlich an die Gurgel springen möchte? Es gilt: Nicht provozieren lassen! Es ist der Job von Journalisten, zu fragen, zu graben, zu provozieren! Sie wollen alles andere als langweilige Antworten, sie möchten emotionale Reaktionen, die ihre Berichterstattung interessant machen, aufwerten. Das versuchen sie mit unterschiedlichen Mitteln. Seien Sie sich bewusst: Es ist ein Spiel. Spielen Sie mit und behalten Sie die Hoheit! Auch wenn Sie wenig Zeit haben oder von den Fragen des Journalisten genervt sind. Lassen Sie es sich nicht anmerken. Bleiben Sie ganz professionell, sachlich und höflich in Ihren Antworten. Alles andere lässt Sie schlecht rüberkommen. Die Kamera ist ja immer an! Stellt der Journalist zum Beispiel zum dritten Mal dieselbe Frage, sagen Sie einfach: „Sie haben mir jetzt diese Frage zum dritten Mal gestellt. Lassen sie uns doch bitte zur nächsten übergehen.“ Und die Betonung liegt auf HÖFLICH und SACHLICH! Ein genervtes Augenrollen oder einen zickigen Unterton bitte vermeiden, das kann im schlechtesten Fall schnell gegen Sie verwendet werden. Es kann auch vorkommen, dass Sie der Journalist mit einer Unterstellung reizt, die nicht der Wahrheit entspricht. Tappen Sie jetzt nicht in die Falle! Gehen Sie durch Wiederholung NICHT auf die falschen Unterstellungen ein. Damit verstärken Sie sie nur. Legen Sie in einem ruhigen, sachlichen Ton einfach die richtigen Fakten dar. Sind Ihnen Fragen extrem unangenehm, vermeiden Sie die Antwort: „Kein Kommentar!“ Das wirkt unsouverän. Haben Sie lieber jederzeit eine Air-Bag-Formulierung parat. Diese Karte ziehen Sie immer, wenn es Ihnen zu brenzlig wird. Beispiel: „Dazu kann ich Ihnen im Moment nichts sagen. Bitte wenden Sie sich an die Pressestelle.“ Oder: "Ansprechpartner ist hier...." Oder „Ich bin hier zu einem anderen Thema eingeladen. Aber im Anschluss an die Veranstaltung stehe ich Ihnen gern für ein Interview zur Verfügung.“ Sind Interviewsituationen ungewohnt oder komplett neu für Sie, bedeuten sie an sich schon Stress. Eine Kamera/Bühne wirkt wie ein Vergrößerungsglas für das Selbstwertgefühl: Ein Vergrößerungsglas für persönliche Unsicherheiten und Selbstzweifel. Also suchen Sie sich im Vorfeld mentale Techniken, die für Sie persönlich funktionieren und die Sie „runterbringen“. Wir wissen, in Drucksituationen sind wir manchmal nicht mehr Herr unserer Sinne. Der erste Schritt ist, sich bewusst zu machen: wie reagiere ich in Stresssituationen? Wenn Sie dann Anzeichen verspüren, können Sie bewusst dagegen steuern. Eine Grenze ist erreicht, wenn Sie persönlich beleidigt werden. Ziehen Sie verbal ganz sachlich die Grenze und brechen das Interview ab. Viel Erfolg!
6. November 2018