WARUM ES SO WICHTIG IST, IHR FREMDBILD ZU KENNEN!
Ich erinnere mich noch ganz genau an einen Kunden, der leicht irritiert zu mir kam. Er wurde einige Wochen zuvor von seinem Chef gebeten, auf einer Messeveranstaltung ein Interview über ein spezielles Projekt zu geben, an dem er Monate geforscht hatte. Und er selbst war der Ansicht, kein guter Redner zu sein.
Klar, er war der Experte auf diesem Gebiet! Doch er hatte gehörigen Respekt vor dem Interview. Er bereitete sich insgesamt äußerst gut vor, überlegte sich seine Kernbotschaften und war auf alle Fragen vorbereitet.
Dennoch hat er während des Interviews das Gefühl, sich oft zu verhaspeln, sehr unsicher zu wirken, den Faden zu verlieren und insgesamt keine besonders gute Leistung zu bringen.
"Interviews sind einfach nicht mein Ding."
Als er zu mir kam sagte er direkt: “Interviews zu geben ist einfach nicht mein Ding. Überhaupt in der Öffentlichkeit reden, das kann ich nicht”.
Sie können sich sicher vorstellen, dass diese Aussage schon seit Jahren in seinem Kopf herumgeisterte.
Umso überraschter war er, als nach der Veranstaltung einige Kollegen und sogar sein Chef zu ihm kamen und ihm anerkennend auf die Schulter klopften. Ihn für sein souveränes Interview lobten. Offensichtlich war seine eigene Wahrnehmung ganz anders als die der Zuhörer.
Wie kann das sein?
Das Selbst- und Fremdbild meines Kunden lagen weit auseinander! Um diese Diskrepanz zu erklären muss man wissen, wie Selbst- und Fremdbild entstehen:
- Das Selbstbild formt sich unter anderem in den ersten sieben Lebensjahren - in einer Zeit, in der wir selbst noch kaum eine feste Meinung über unsere Persönlichkeit haben. Meinungen von Außenstehenden werden von uns übernommen und modellieren auf diese Weise das Bild des eigenen Ichs. Das Selbstbild entsteht demnach durch ein Fremdbild.
- Wenn uns also jemand sagt, wir seien nicht der begnadetste Redner, nehmen wir das in uns auf. Im Laufe der Jahre gewöhnen wir uns an dieses Selbstbild, es wirkt wie ein Filter auf unsere Wahrnehmung. Es ist möglich, dass wir uns irgendwann auch instinktiv, so wie es unser Selbstbild vorsieht, verhalten. Das traf in dem Fall auch auf meinen Kunden zu.
29. Mai 2022